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Englands junges Team als EM-Favorit? – Die Three Lions funktionieren plötzlich

Dass England bei der diesjährigen EM zum engeren Favoritenkreis zählt, ist fast schon ein Kuriosum. Denn traditionell schneidet das Team von der Insel bei großen Turnieren eher mäßig ab – Englands aktueller Höhenflug hat seinen Ursprung schon im Scheitern der EM-Qualifikation 2007.

Inselgewächse – So fand England zur Jugendförderung

Die Schwäche der Nationalmannschaft in England stand in den letzten Jahren in enger Korrelation mit der Stärke (und der Finanzstärke) der Premier League. Dort lag der Fokus auf den besten Spielern der Welt, die Vereinsführung bestand auf wirtschaftlich rentablen Modellen und wollte den Fans eine Gegenleistung für unverschämt teure Tickets bieten. So kamen englische Spieler quasi nur dann zum Einsatz, wenn sie absolute Ausnahmetalente waren. Spieler wurden vornehmlich aus internationalen Top-Klubs rekrutiert und als fertige Spieler in bestehende Gefüge geworfen.

Nach dem Scheitern in der EM-Qualifikation im November 2007 forderte Englands Trainerlegende Bobby Robson eine stärkere Einbindung englischer Spieler in die Liga. Ähnliche Bewegungen gab es auch in Deutschland in den späten 90ern. In England müssen dank der „Homegrown Player Rule“ in jedem Kader der Premier League, der ersten englischen Liga, acht Spieler mit englischer Spielerausbildung stehen. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Im vergangenen Jahr blickte Englands Liga-Boss Gregory Dyke bereits vorsichtig optimistisch in die Zukunft. „Wenn wir dem einheimischen Nachwuchs weiterhin eine Chance geben, könnten wir 2022 um den WM-Titel mitspielen.“ Es folgte eine der besten EM-Qualifikationen überhaupt, England verlor kein einziges Spiel. Auch ein Verdienst des Nachwuchses: „Die jungen Kerle haben dazu eine Menge beigetragen“, sagte Kapitän Wayne Rooney. Die Quoten für England stehen bei dieser EM wieder sehr gut.

Die Erfolge der guten Ausbildung fruchten jetzt

Mit 25,8 Jahren Altersdurchschnitt stellen die Three Lions die jüngste Mannschaft der EM (knapp vor Deutschland mit 25,9 Jahren). Das Team besteht aus Eigengewächsen der englischen Vereine, die sich bereits aus der Liga kennen – und die in Rooney einen kompetenten Mannschaftskapitän haben. Der Rest des Kaders besteht aus einigen echten Jungspunden: Stürmer Marcus Rashford ist mit 18 Jahren der jüngste Spieler der EM, Harry Kane (22), Raheem Sterling (21), Eric Dier (22) und Dele Alli (20) sind nur wenig älter. Fast schon skurril wirkt es, dass Trainer Roy Hodgson nach Jahren flickenteppichartiger Teamaufstellungen eine so junge, kompetente Truppe auf den Platz bringen kann. Dabei ist Englands Team nicht nur für die WM fit, sondern gilt auch als Versprechen für die Zukunft. Man denke an junge Teams vor dem großen Sprung wie Deutschland 2010 oder Belgien 2014.

Three Cubs on the Shirt – Das junge englische Team greift nach dem Titel

Auch wenn die englische Nationalmannschaft ein junges Team aufstellt, könnte die Mannschaft im Druck des Turniers einfach noch zu unerfahren sein. Zumal auch die jungen Spieler aus den Premier League-Kadern nicht immer die Spielzeit bekommen, die sie eigentlich verdienen – denn die Regel zur Integration englischer Spieler garantiert keine Spielzeit in einer leistungsdominierten und mit vielen Spieltagen übersäten Liga. Daher mag England zwar zum engeren Kreis der Favoriten zählen, ist beim Turnier in Frankreich aber doch eher Geheimfavorit.


Bildquelle: Thinkstock, 100324402, iStock, Hemera

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